Historie des Herds
"Gebraten und gegart wurde schon in der Steinzeit. Verglichen mit der Geschichte des Kochens ist die Entwicklung des Herds insofern überschaubar – und doch hat sich in den vergangenen 275 Jahren einiges getan."
Backofen, Dunstabzugshaube, Spülmaschine, Kühlschrank – viele Alltagshelfer in der Küche von heute nehmen wir längst als völlig selbstverständlich hin. Dabei war es häufig ein langer Weg von Erfindungen, technischen Errungenschaften, aber auch gesellschaftlichen Veränderungen, bis die typischen Küchenelektrogeräte, wie wir sie heute kennen, entwickelt wurden. Erst im 18. Jahrhundert wurde beispielsweise der erste geschlossene Herd entwickelt. Zuvor war das Kochen über offenen Feuerstellen gang und gäbe. Da das offene Herdfeuer zumeist die einzige Wärmequelle im Haus darstellte, war die Küche als separater Raum über viele Jahrhunderte hinweg völlig unbekannt. Alles spielte sich rund um das Herdfeuer ab. Als Rauchabzug diente schlichtweg ein Loch im Dach. Erst als sich höhere soziale Schichten allmählich zusätzliche Öfen zum Heizen leisten konnten, setzte sich zwischen dem späten Mittelalter und dem 19. Jahr hundert die Idee durch, in der Küche zu kochen und in der guten Stube zu essen. Diese Trennung wurde vor allem durch die Entwicklung der Kachelöfen begünstigt, die von der Küche befeuert werden konnten, aber die Essräume auf der anderen Seite beheizten. Der erste Herd, bei dem Feuer und Glut rundherum ummauert waren und der dadurch entfernt an den Herd, wie wir ihn heute kennen, erinnerte, wurde 1735 von dem belgischen Baumeister François de Cuvilliés für den Kurfürsten von Bayern entwickelt. Die Feuerkammer wurde mit einer Eisenplatte abgedeckt, in der sich Löcher für die Töpfe befanden. Dieser so genannte Topfherd verfügte so gar über einen Rauchfang. Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte der amerikanische Physiker und Erfinder Benjamin Thompson auf dieser Grundlage während einer Schaffensphase in München den sogenannten Sparherd, der durch einen mit Klappen verschlossenen Brennraum nur halb so viel Brennstoff verbrauchte wie offene Herde. Diese Sparherde verfügten häufig bereits über Backofen, Wasserkasten und Wärmeschrank.
Von Kohle und Holz zu Elektro und Gas
Die ersten Herde aus Metall kamen Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Markt. Der erste transportable Eisenherd wurde beispielsweise 1851 auf der Industrieausstellung in London vorgestellt und ab den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts in Deutschland serienmäßig produziert. Durch die industrielle Produktion wurden Herde auch erstmals für die „normale“ Bevölkerung erschwinglich. Auch wurde im 19. Jahrhundert bereits mit Gasöfen experimentiert. Doch die Verbreitung scheiterte an dem noch unzureichenden Ausbau des Gasnetzes. Erst ab 1900 setzen sich daher Gasherde in den Städten durch. Ab 1930 verbreiteten sich schließlich Elektroherde in rasantem Tempo. Auch hier war das erste Modell bereits 1893 auf der Weltausstellung in Chicago präsentiert worden. Doch aufgrund der noch fehlenden elektrischen Infrastruktur konnte der Elektroherd erst viele Jahre später seinen Triumphzug antreten. Als nach der Zerstörung des Zweiten Weltkrieges schnell neuer Wohnraum geschaffen werden musste, nahm die Entwicklung von System, Norm und Einbauküchen ihren Lauf. Die Industrialisierung hatte über den Herd hinaus viele technische Geräte hervorgebracht, die mühsame Arbeitsschritte automatisierten. In der Mittel- und Oberschicht wurde immer weniger Personal angestellt; den kleinen Küchen, die in der Regel nur ein oder zwei Personen Platz zum Arbeiten boten, stand nichts mehr im Wege. So wurden auch beim Herd immer mehr Technik und Funktionen auf immer kleinerem Raum konzentriert.
Zurück zur Mitte
Zu den wichtigsten Entwicklungen der neueren Zeit gehören sicherlich die Mikrowelle, die heute aus den meisten Haushalten nicht mehr wegzudenken ist und der Induktionsherd. Hier befindet sich unter dem Kochfeld eine von Strom durchflossene Spule, die ein Magnetfeld erzeugt. Die dadurch verursachte elektrische Spannung erhitzt das Metall des Topfes und dessen Inhalt und zwar viel schneller als auf einer herkömmlichen Herdplatte. Generell liegen Multifunktions- und Kompaktgeräte, die Herd und Backofen miteinander verbinden, im Trend, am liebsten mit verschiedenen Heizmethoden, gradgenauer Temperaturregelung und einer Fülle von Dampfgaroptionen. Was lange undenkbar war – die Trennung von Herd und Backofen – lässt sich heute immer häufiger finden. Im 21. Jahrhundert entwickelt sich die Küche vom reinen Arbeitsraum wieder zurück zum Wohnbereich. Offene Strukturen innerhalb der Wohnung schaffen Platz, zum Beispiel für den separaten Einbau der Herdplatte in die Arbeitsfläche und des Backofens auf Augenhöhe. Damit steht auch der Herd – ganz wie zu Beginn seiner Entwicklung als Feuerstelle – wie der im Zentrum des Geschehens. Nicht zuletzt nimmt deshalb heutzutage das Design einen mindestens ebenso hohen Stellenwert ein wie die technische Ausstattung.